Thanatopraxie – Was ist das?
„Halte meine Hand damit du loslassen kannst“
Eine Verabschiedung der Angehörigen von Verstorbenen ist in den meisten Fällen machbar. Auf das „WIE“ kommt es an.
Neben Gefühlen wie Trauer, Verunsicherung und Wut haben viele Angehörige das sehr verständliche Bedürfnis danach, den/die noch einmal sehen zu wollen.
Thanatopraxie kann auch in schwierigen Fällen (wie Unfällen, Siuzid, ..) eine persönliche Verabschiedung ermöglichen und so den letzten, kostbaren Moment des Abschiednehmens für die Angehörigen zu einer wertvollen Erinnerung werden lassen.
Bei Thanatopraktischen Behandlungen arbeiten wir streng nach dem Prinzip: „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Es gilt immer, die Würde des/der Verstorbenen zu wahren.
Moderne Verstorbenenversorgung garantiert ein friedliches Aussehen der/des Verstorbenen, verhindert belastende Gerüche und verbessert so die Bedingungen der Abschiednahme vom Verstorbenen. Thanatopraktische Versorgung ist aber nicht an „den Abschied am offenen Sarg“ gebunden. Bei einer Vielzahl von Situationen ist eine thanatopraktische Versorgung des Verstorbenen sinnvoll oder mitunter sogar Vorschrift, wie z.B. bei der Überführung in bestimmte Länder.
Was versteht man unter Thanatopraxie?
Thanatopraxie fällt in den Vorbehaltsbereich des Bestatters und darunter wird im Sinne des § 101 Abs.2 GewO das Desinfizieren, Konservieren und die Kosmetische Rekonstruktion am Verstorbenen / an der Verstorbenen verstanden, um den Angehörigen eine ästhetische und hygienisch einwandfreie, direkte Verabschiedung zu ermöglichen.
Wer sind Thanatopraktiker/innen?
Thanatopraktiker/innen sind Personen, die zur Ausübung dieser Arbeit fachlich befähigt sind. Die Befähigung wird im Rahmen einer umfassenden Ausbildung –mit universitärem Charakter – vermittelt und geprüft.
Neben den praktischen, handwerklichen Fähigkeiten wird auch theoretisches Wissen in Anatomie, Ethik, Hygiene, Chemie, u.s.w. vermittelt. Der Bestatter / die Bestatterin kann diese Leistung anbieten, jedoch die Durchführung einer thanatopraktischen Behandlung darf nur von einem /einer hierzu befähigten durchgeführt werden.
Wo werden thanatopraktische Arbeiten durchgeführt?
Die Thanatopraktiker/innen führen ihre Arbeiten je nach Erfordernis in dafür geeigneten klar definierten Räumlichkeiten durch. Ob hierfür eine Überstellung des/der Verstorbenen notwendig ist oder der/die Thanatopraktiker/in mit seinen/ihren Instrumenten und Materialien zum/zur Verstorbenen kommt, ist je nach Situation abzuklären.
Welches sind die Angebote der Thanatopraxie?
Hygienische Grundversorgung
Bei der hygienischen Grundversorgung wird sichergestellt, dass einerseits auf eine würdige und pietätvolle Weise vom Verstorbenen Abschied genommen werden kann und andererseits, dass die Erfordernisse der öffentlichen und privaten Hygiene gewahrt bleiben.
In erster Linie geht es um hygienische Gesichtspunkte, welche zu berücksichtigen sind, damit sich die Angehörigen auch beim direkten Kontakt mit dem Verstorbenen, dem Sarg, der Ausstattung, etc. nicht in eine Situation begeben, die die Gesundheit unter Umständen beeinträchtigen könnte. Weiter ist zu beachten, dass die Würde des Verstorbenen gewahrt wird und die Angehörigen somit ein gutes, ruhiges und friedliches Bild des toten Menschen mitnehmen können. Beide Aspekte laufen oft Hand in Hand: So sind z.B. verschmutzte und verschwitzte Haare oder Blut unter den Fingernägeln einerseits ein hygienisches Risiko, andererseits aber auch der Würde des Verstorbenen abträglich.
Konservierung – Einbalsamierung („modern embalming“)
Die praktische Thanatopraxie, auch bekannt unter „modern embalming“, ist eine eigenständige Form der hygienischen Totenversorgung. Sie ermöglicht eine pietätvolle, offene Aufbahrung von Verstorbenen, bei der Angehörige ihr Familienmitglied in natürlich ruhender Weise in Erinnerung behalten können. Der Verstorbene wird mit desinfizierenden Flüssigkeiten so versorgt und vorbereitet, dass die Hinterbliebenen den letzten Gang zum offenen Sarg ohne Bedenken wagen können. Oftmals wird so die Furcht vor dem Toten genommen und die Trauer bewusster wahrgenommen. Trauerforscher sind der Ansicht, dass der Mittelpunkt jeder Trauerbewältigung die bewusste Wahrnehmung des erlittenen Verlustes ist. Besonders bei einem plötzlichen Todesfall ist die Aktivierung aller Wahrnehmungssinne erforderlich, um erst die Situation erfassen zu können, ehe dann ein Verarbeitungs- und Bewältigungsprozess in Gang gesetzt werden kann. Bemerkungen wie: „Wir möchten ihnen von einem persönlichen Abschied abraten!“ sind für den wichtigen Prozess der Trauerbewältigung ebenso schädlich wie den Verstorbenen seinen Hinterbliebenen mit ungewaschenen Haaren und unrasiert zum Abschied zu zeigen. Die praktische Thanatopraxie realisiert ein gepflegtes und natürliches Erscheinungsbild des Verstorbenen.
Rekonstruktion
Auch die Wiederherstellung von Unfallopfern zur Ermöglichung einer Begegnung zwischen den Angehörigen und dem Verstorbenen gehört zu den Aufgaben der Thanatopraxie. Maßgeblich sind dabei die sichtbaren Körperteile, also die Hände und der Kopf. Selbstverständlich werden auch die nicht sichtbaren Körperteile hygienisch versorgt. Über die Orientierung am natürlichen Aussehen des Verstorbenen, wozu manchmal ein Foto notwendig sein kann, wird versucht, die Gestalt zu rekonstruieren. Den Angehörigen wird dabei ein „groteskes Bild“ erspart und die Möglichkeit eines Abschieds geboten.
Für die Abschiednahme nach einer Rekonstruktion ist trotz allem eine gute Vorbereitung und Begleitung der Angehörigen sehr wichtig, da üblicherweise nicht alle Läsionen unsichtbar gemacht werden können. Für die trauernden Angehörigen ist es tröstlich zu sehen, dass mit dem Leichnam des Verstorbenen sorgfältig und behutsam umgegangen wurde.